24 das Gipfel-Gespräch Freitag, 4. März – Donnerstag, 30. März 2023 Paul Accola, der Weltcup-Gesamtsieger 1991/92, zur WM «Die Kombi wird zu Tode diskutiert» Der Davoser Weltcup-Ge- samtsieger der Saison 91/92, Paul Accola, ist bekannt für seine prägnante Mei- nung und für sein scharfes Urteil. Für das enttäuschende Abschneiden der Schweizer Slalom-Fahrer zeigt er aber auch Verständnis. «Letztlich sind alle nur Menschen!» Und vom WM-Gold der ein- heimischen Jasmine Flury ist er nicht überrascht. Heinz Schneider Herr Accola, sind Sie ein- verstanden mit der WM-Bilanz von Swiss Ski? Sieht Ihre Bilanz anders aus? Paul Accola: Teils, teils bin ich mit dem Abschneiden der Schweizer WM-Delegati- on zufrieden. Zur Bilanz von Swiss Ski äussere ich mich nicht. Mich interessiert immer, wie es zum Resultat gekomm- men ist, und was man daraus macht. Der grösste Gegner der Athleten ist die Presse und zum Teil auch die Trainer. Was jeweils nach dem ersten Fahrer an den Start gefunkt wird, ist bullshit und verunsichert nur die Fahrer. Enttäuschend schnitten die Slalomfahrer Yule und Zen- häusern ab. Wie ist es möglich, dass ein Spitzensportler am Saisonhöhepunkt seine normale Leistung trotz Mental-Trainer nicht abrufen kann? Letztlich sind alle nur Men- schen. Ein Skirennfahrer muss den inneren Schweinehund im Griff haben und ein Egoist sein. Dann bist Du erfolgreich. Davon gibt es aktuell ausser Odermatt nur wenige. Auch Lara Gut konnte nicht ihr Potenzial abrufen. Lara Gut ist auch ein Gut- mensch. Sie zeigte sensatio- nelle Leistungen, hatte aber auch Pech mit ihren 4. Rängen. Der Davoser Paul Accola nimmt immer noch regen Anteil am aktuellen Geschehen im Skisport. Foto zVg. wusste man. Sie konnte es bis anhin nur noch nie abrufen, wurde auch von Verletzungen in ihrer Entwicklung gestoppt. Nun hat sie im entscheidenden Rennen keine Fehler began- gen, und kein Trainer konnte sie verunsichern mit negativen Meldungen, denn sie startete mit der Nummer 2. Das war ihr Glück. Also funktioniert die Nachwuchsförderung in der Schweiz, denn sie hat alle Sta- tionen erfolgreich durchlaufen und ist im FIS-Ranking bis zur Spitze aufgestiegen. Das Problem in der Schweiz ist, dass wir nur Sportschulen haben, wo die talentierten Kin- der gefördert werden. Aber wir haben weit mehr Talente in der Schweiz, die wenige Chancen haben, gefördert zu werden, weil sie von ihren Eltern nicht finanziell unter- stützt werden können. Ausser- dem müssen die Kinder zu lange kämpfen und zu viele Rennen bestreiten, bis sie end- lich einmal in ein nationales Kader aufgestiegen sind. Nor- malersweise dauert es sieben beschwerliche Jahre, bis sie im Weltcup angelangt sind. Am langwierigen FIS-Punkte-Sys- tem scheitern viele taltentierte Kinder. Zudem: Das Risiko, von Verletzungen aufgehalten oder gar vom Weg abgehalten zu werden, ist zu gross. In diesem Jahr sind eidge- nössische Wahlen. Kandidieren Sie? Darüber habe ich mir noch keine Sekunde Gedanken gemacht. Skischuhe = Ich muss allerdings gestehen, dass ich kein Fan der WM bin. Die Ski-WM ist nur Show und gut für die FIS. In der Formel 1 gibt es wahre Weltmeister, wenn die Resultate einer gan- zen Saison zusammengezählt werden. Sie waren vor 30 Jahren ein Allrounder, gewannen u.a. Silber und zweimal WM-Bronze in der Kombination. Nun wird diskutiert, die Kombi aus dem Programm zu streichen. Bedau- ern Sie diese Entwicklung? Zuerst möchte ich betonen, dass ich kein Allrounder war, sondern gerne Ski gefahren bin. Die Kombi hatte nie einen Wert. Nun diskutiert man die Disziplin zu Tode. Im Paral- lel-Slalom geschieht das selbe. Dass die Fahrer einmal auf der roten und einmal auf der blauen Piste fahren, ist doch logisch und fair. Wenn nur ein Lauf bestritten wird, hat dies keine Aussagekraft. Sind Sie auch überrascht von der Leistung der Monstei- nerin Jasmine Flury? Nicht wirklich. Dass Jasmine Flury ein grosses Potenzial hat,